Ein Bauernhof in Lage
Erzählt von A. Küper (geboren Hölsmüller) aus Lage
und aufgezeichnet von H.J. Asma.
Ich bin 1915 in Halle geboren. lm Jahre 1918 ist mein Vater in Frankreich gefallen. Acht Jahre habe ich die Schule in Halle besucht. Zwei Jungen, die jeden Tag zu Fusz vom Springendal (Ootmarsum) kamen, besuchten diese Schule auch. Es waren zwei Waisen, deren Vater bei einer Jagdpartie ums Leben gekommen war. Die Kinder waren von einem gewissen Herrn Harmsen aufgenommen.
Auf dem Bauernhof meiner Tante…
Früher wohnte in Brecklenkamp (Deutschland) ein Bauer, er hiesz Albert Küper und war verheiratet. Das Ehepaar hatte nur ein Kind; einen Sohn, der später, mit meiner Tante verlobt war. Als im ersten Weltkrieg der Sohn fiel und die Eltern allein zurückblieben nahm das Ehepaar meine Tante zu sich. Zu dritt haben sie die Landwirtschaft weitergefiihrt und später Grundstücke verpachtet. lm Herbst 1936 starben die beiden alten Menschen kurz nacheinander und meine Tante blieb unverheiratet allein. lm Jahre 1937 bin ich zu ihr auf den Bauernhof gezogen und habe bei dieser Gelegenheit meinen Namen von Hölsmüller in Küper umgeändert. Noch kein Jahr später muszte ich ins Militär und nach einem Jahr brach der zweite Weltkrieg aus und muszte ich die Militäruniform aufs neue anziehen. Für den Aufbau der verwahrlosten Bauernwirtschaft gab es also keine Zeit.
Damals hatten wir einen Knecht aus Lattrop: Gerard Ruël. Auch Hulsmeijers aus Breklenkamp half uns manchmal. Ein Grundstück das in der Nähe von Hulsmeijers in Holland lag haben wir ihm verpachtet. Von dem Grundstück, das zum Bauernhof gehörte, lag zwölf Hektar in den Niederlanden und nur sechs Hektar auf Deutschem gebiet.
Soldat in Frankreich…
Als der Mobilmachungsbefehl kam wurde ich auch aufgerufen. Ich dachte dasz ich zur polnischen Grenze geschickt wurde weil der Zustand da kritisch war. Man erzählte uns aber gar nicht wohin wir muszten aber an einem Tage waren wir in der Eifel an der französischen Grenze. Als der Krieg hier auch anfing war unsere Abteilung eine der ersten die in Frankreich einzog. Ohne zu kämpfen konnten wir aufmarschieren. Wir haben also wenig mitgemacht. Der Vormarsch in Frankreich dauerte nicht Iange. Bis zum Frühling 1941 bin ich in Frankreich geblieben. In dieser Zeit hatte ich vierzehn Tage Urlaub. Meine Abteilung lag dann bei Cherbourg an der französischen Küste.
Foto links: Gerard Ruël uit Lattrop.
Als ich auf Urlaub war ist meine Abteilung zur polnischen Grenze gezogen. Da ich das nicht wuszte bin ich wieder nach Cherbourg gefahren. Als ich da ankam erfuhr ich dasz meine Abteilung abgefahren war. Wohin konnte oder wollte man mir nicht erzählen. Danach bin ich nach Münster gefahren wo man mich nach Berlin schickte. Da wurde ich nach Königsberg und dann nach Danzig transportiert. Ich war neun Tage unterwegs und fand endlich meine Abteilung zurück an der deutsch-polnischen Grenze. Man empfing mich da mit den Worten: ”Sind Sie schon wieder da?” Ich erzählte dasz ich nicht gewuszt hätte dasz die Abteilung von Frankreich abgefahren war. Dann stellte es sich heraus, dasz andere Kameraden, die auch auf Urlaub waren wohl benachrichtigt worden waren, aber dasz mein Brief irgendwo verlorengegangen war.
Nach kurzer Zeit an der polnischen Grenze wurde unsere Abteilung an die Grenze mit Litauen versetzt.
Juni 1941 fielen die deutschen Truppen in Ruszland ein; auch meine Abteilung beteiligte sich daran. Der Vormarsch verliet sehr schnell, nach kurzer Zeit lagen wir in einer Entfernung von dreiszig Kilometern von Moskau. Ich war bei einer Transportabteilung eingeteilt. Ich Fuhr dann noch mit Pferd und Wagen. Später muszten wir da weg, weil unsere Stelle von russischen Kriegsgefangenen übernommen wurde. Diese halfen uns vielleicht weil sie nun auch dasselbe Essen bekamen was wir Soldaten auch bekamen.
Als ich noch mit Pferd und Wagen fuhr hatte ich auch einen Russen als Helfer. Gewöhnlich lag mein Karabiner hinten auf dem Wagen und wenn ich das Pferd ausspannte brachte der Russe den Karabiner mit. Manchmal muszten wir auch Ladungen zu einer Versorgungsanstalt bringen. Meistens gingen dann ein oder zwei Russen mit um bei Ein und Ausladen zu helfen. Diese Russen hatten immer eine Tasse oder einen Becher und einen Löffel bei sich. Wenn irgendwo eine Feldküche war, gingen sie dorthin und hofften etwas Eszbares zu bekommen und manchmal gelang es ihnen auch.
Die Russen durften bestimmt nichts von unserer Ladung nehmen. Ich transportierte mal eine Ladung Zucker und der begleitende Russe hatte etwas davon weggenommen. lch habe dann alles so geregelt, dasz ich den Vorfall nicht zu melden brauchte. Überall in Ruszland wo wir kamen herrschte Armut. Die Menschen hatten kaum etwas zu essen. Wir kamen aber nie in Städte nur in kleine Dörfer. In diesen Dörfern hatten die meisten Häuser oder Hütten noch ein Strohdach. Auch zogen wir durch ausgedehnte Gebiete wo keine Bäume und Sträucher wuchsen und wo niemand wohnte.
Verletzt ln der Schlacht…
An einem Tage kamen wir in der Nähe der Stadt Kursk an. Hier sollten wir warten und uns einschanzen. Wir muszten Löcher graben von zwei Metern bei einem halben Meter wo wir uns tagsüber verstecken konnten. Inzwischen fuhren allerlei Panzer vorüber. Wenn wir uns versteckten nahmen wir immer Zeitungen oder Zeitschriften mit und deckten die Oberseiten mit Plaggen zu.
lch war bei einer Abteilung Granatenwerfer eingeteilt. An einem Abend erzählte der Oberstleutnant uns dasz wir vorrücken müszten um die Positionen der Russen die gegenüber uns lagen einzunehmen. Er schärfte uns ein gut anzuschlieszen und aufmerksam zu sein. Wir sollten darauf achten wo diejenigen die vor uns waren in Stellung gingen. Bevor wir uns auf den Weg machten bekam jeder von uns eine Flasche Schnaps. Ich wollte nicht trinken um den Kopf hell zu halten. In der ersten Stellung die wir einnahmen lagen nur wenig Russen. Einige Hunderte von Metern weiter aber hatten sich schon mehr Russen eingegraben. Als wir die dritte Stellung einzunehmen versuchten, kamen von allen Seiten sehr viele Panzer herange-fahren. Es war wahrhaft erschecklich. Wohin muszten wir? Ich schaute mal zurück ob da noch ein Ausweg war, aber das war auch nicht einfach. Dann könnte man von beiden Seiten beschossen werden. Die Panzer fuhren überall herum. Alles versuchten sie platt zu walzen: Abwehrkanonen und Geschütze. Als die Schlacht etwa drei Tage gedauert hatte wurde ich verletzt. Man transportierte mich zu einem Truppenverbandplatz hinter der Front wo Ärtzte und Krankenschwestern waren. Ich muszte aber so schnell wie möglich weiter zu einem Lazarett wo sachverständige Ärtzte waren.
Man brachte mich zu einem Flugplatz in der Nähe und da bin ich mit einem Ju 52 ins Lazarett in Orel, einer russischen Stadt, transportiert. Ich bin da nur zwei Tage gewesen. Danach bin ich in ein Lazarett in Polen befördert. Da bin ich lange gepflegt. Von dieser Zeit an war für die deutsche Armee zurückziehen die Parole, aber das habe ich als aktiver Soldat nicht mitgemacht; für mich war der Krieg schon beëndet. Später habe ich noch in Dresden im Lazarett gelegen wo ich um Zustimmung bat nach Nordhorn befördert zu werden. Diese Zustimmung wurde mir erteilt.
Weil ich mit Krücken wieder gehen konnte, konnte ich mit dem Zug von Dresden nach Nordhorn reisen. Ich dachte dasz der Zug von Dresden nach dem Haag fuhr und bin deshalb in Osnabrück ausgestiegen. Nachts um zwölf Uhr war ich in Nordhorn. Ich bin dann nach Hause gegangen wo ich einige Tage verbringen durfte. Danach bin ich zu einem Lazarett in Nordhorn gegangen; eine Schule in der Nähe von Niehues Textilfabriken war als Lazarett eingerichtet. Nach einiger Zeit durfte ich endgültig nach Hause.
Anfangs konnte ich auch noch nicht auf dem Bauernhof arbeiten: es fiel mir zu schwer. Allmählich wurde es besser. Ich habe jetzt noch Granatensplitter im Körper.
Zuerst radeln lernen…
In den Kriegsjahren arbeiteten in Lage französische und serbische Kriegsgefangene. Viele Bauern behandelten diese Gefangenen gut. Einige sind nach dem Krieg ab und zu hier gewesen um die Bauern, wo sie gearbeitet hatten, noch mal zu besuchen. Es gab aber auch Bauern die diese Kriegsgefangenen nicht so gut behandelten, aber im allgemeinen waren die Gefangenen die tagsüber bei den Bauern arbeiteten in einer besseren Lage als diejenigen die nicht aus dem Lager durften oder in den Fabriken arbeiten muszten. Bei den Bauern bekamen sie jedenfalls bessere Nahrung.
Offiziell durften sie nicht bei den Bauern am Tisch sitzen. Abends gingen sie zurück ins Lager, übernachten auf dem Bauernhof war nicht gestattet. Einige Bauern sorgten dafür dasz die Gefangenen ein Fahrrad bekamen sodasz sie nicht so lange unterwegs waren. Die Serben konnten nicht radeln, sie muszten zuerst das Radeln noch lernen. Auch gab es sogar Franzosen die nicht lesen oder schreiben konnten.
ln den Textilfabriken in der Nähe arbeiteten auch russische Gefangene. Diese wurden im algemeinen schlechter behandelt, weil sie als minderwertig betrachtet wurden.
Nach dem Krieg…
Als am Ostermontag 1945 die Alliierten hier einzogen war ich unterwegs von Uelsen nach Hause und ich sah in der Nähe von Nijstad dasz da etwas brannte. Später stellte sich heraus dasz es ein Roggenhaufen war. Als die jungen Leute aus Nijstad das Feuer Löschen wollten wuszten sie noch nicht was los war. Es wurde geschossen und einer der Jungen von Engberts wurde am Schulter getroffen. Dann erst entdeckten sie, dasz es gefährlich war. Ich setzte den Weg fort und etwas weiter sah ich einen L.K.W. beladen mit Waffen und Nahrungsmittein. In dem Wagen sasz ein Italiener der für die deutsche Armee arbeitete und auszerhalb des Wagens stand ein Bekannter von mir aus Lattrop. Er war bewaffnet mit einem Karabiner und bewachte den Wagen. Als ich in die Nähe des Wagens kwam drohte er mir mit seiner Waffe. Erst als ich ihn fragte, was eigentlich los war erkannte er mich.
Sofort nach der Befreiung kamen hier regelmäszig Hollander über die Grenze die ohne weiteres bei uns hineingingen. Manchmal schauten sie nur herum ohne etwas mitzunehmen, aber bei verschiedenen Bauern wurden auch Radiogeräte und Fahrräder mitgenommen. An einem Tag kamen holländische Soldaten bei uns herein und sahen ein holländisches Fahrrad stehen. Sie fragten sofort woher das käme. Ich erzählte ihnen dasz das Rad unserem Knecht Gerard Ruël aus Lattrop gehörte. Dann fragten sie Ruël warum er noch bei einem deutschen Bauern arbeitete. Er durfte nicht mehr bei uns arbeiten, sagten sie.
Als derartige Soldaten oder der Grenzschutz auch mal zu unserem Nachbar Kemper kamen ist seine Schwester gegen diese Leute energisch vorgegangen und vielleicht ist sie wohl etwas zu frech gewesen. Als sie drohten diese Schwester mitzunehmen ist sie verschwunden und hat sie sich hinter einem Holunderstrauch in der Nähe des Bauernhofs versteckt bis es dunkel wurde. Bei einem anderen Nachbar Engberts, kamen auch manchmal Widerstandskämpfer oder Leute vom Grenzschutz, die Fahrräder anforderten. Aber da hatte man alle Fahrräder schon versteckt. Als später ein Verwandter sein Rad wieder holen wollte, war das Rad schon verschwunden.
ln jener Zeit habe ich auch mal etwas Komisches mitgemacht. Im Haus wo ich geboren bin, in Halle, kamen einige Holländer die Fahrräder anforderten. Auf dem Bauernhof da hatte man damals einen Knecht aus Holland. Dieser holte, als die Männer im Hause waren, seinen Pasz aus der Tasche und sagte: ”Halt, ie bent hier bie Holländers, hier valt dus niks te haaln" (Sie sind hier bei Holländern und deshalb ist hier nichts zu haben). Die Männer sind dann ohne etwas mitzunehmen, wieder verschwunden.
Als die Zone an der Grenze noch nicht Sperrgebiet war und wir noch auf dem Bauernhof wohnten kamen eines Tages bei verschiedenen Bauern drei Männer mit Armband. Sie gingen überall die Ställe ein und aus, suchten die besten Kühe aus und erzählten dasz diese Kühe an einem bestimmten Tag abgeliefert werden müszten. Dieselben Männer sind auch in Nijstad gewesen. Die Bauern wagten es nicht zu protestieren, aber sie haben wohl einige Mäd-chen zum englischen Ortskom-mandanten in Neuenhaus geschickt. Als dieser erfuhr was vorgefallen war nahmen diese Machen-schaften schnell ein Ende.
Aus dem Bauernhof…
Mai 1945 wurde an der Grenze eine Zone von einigen Kilometern eingeführt. Diese sollte geräumt werden. Wir hatten einige Tage um alles zu regeln und muszten selber für Obdach sorgen. Ein Mal in der Woche durften wir die geräumte Zone betreten um die äcker zu bestellen und um das Gras zu mähen. Aber in dieser Weise konnten wir nicht arbeiten. Wenn wir das Gras gemäht hatten verfaulte es meistens. ln dieser Zeit konnten wir kaum auf dem Acker arbeiten. Wir hatten in diesem Sommer einen Baum mit herrlichen Birnen. Als die Birnen reif waren und wir einen Korb voll Birnen gepflückt hatten, sagten englische Soldaten uns dasz das verboten war. Es war nur erlaubt wenn wir eine Erlaubnis hatten. Wir sind dann zum Bürgermeister gegangen aber dieser hatte in den Nachkriegsjahren auch wenig dreinzureden. Er wollte für uns einen Zettel mit Stempel schreiben. Als wir diesen Zettel zeigten war die Sache erledigt und wir durften die Birnen mitnehmen.
Auch Holländer durften die Zone nicht betreten. Ab Mai 1945 war das verboten. An bestimmten Stellen wo die Zone zugänglich war hatte man Schilder aufgestellt worauf stand dasz der Zutritt strengstens untersagt war und dasz auf jeden, der dem Gesetz zuwider handelte, geschoszen würde. Englische Soldaten kontrollierten aber schoszen nicht leicht. Sie machten kaum Schwierigkeiten obwohl sie bei einem Bauern in der Nachbarschaft wohl mal einen Wagen mit Kartoffeln mitgenommen haben.
Der Bauer hatte sich sehr bemüht die Kartolfeln zu ernten und deshalb war es für ihn weniger schön. Die Bauernhöfe in der Zone wurden von den Engländern oder von anderen Leuten nicht benutzt und eigentlich ist auch nicht viel zerstört worden. März 1946 durften wir die Zone wieder auf immer benutzen und konnten wir unsere Bauernhöfe wieder bewohnen, aber nach sechs Wochen ist unser Bauernhof durch unbekannte Ursachen niedergebrannt. Danach haben wir einen neuen Hof gebaut und das ist der heutige Hof.
Verkaufte Grundstücke…
Wie schon gesagt lag der gröszte Teil unseres Betriebes in den Niederlanden. Nach dem Krieg ist es beschlagnahmt worden. Es wurde als feindliches Vermögen betrachtet. Wir haben dagegen Einspruch erhoben und Berufung eingelegt. Wir muszten im Haag erscheinen wo Professor Gerbrandy (foto links) die Berufung behandelte. Man fragte uns ob wir Nazi gewesen waren, ob wir anderen Menschen geholfen hatten und ob wir etwas für die Holländer getan hatten. lch erzählte dasz ich in den Kriegsjahren fast nicht zu Hause gewesen sei, dasz wir immer einen holländischen Knecht hätten und dasz dieser auch wohl für uns zeugen wollte. Ein Bauer, Brookman (zie foto onder), ist dann Zeuge gewesen und auch ein Pfarrer aus Amsterdam. Dieser Pfarrer hatte hier in der Nähe einige Bekannte und wir halfen ihm als er sie besuchen wollte. Nachdem alles notiert und die Akten aufgesetzt worden waren konnten wir wieder abreisen. Später kam die Nachricht dasz die Richter alles untersucht hatten und dasz wir während des Krieges nicht genug für die Holländer getan hatten. Wir haben mit Hilfe eines Rechtsanwaltes aus Den Haag wieder Berufung eingelegt. Dieser Anwalt bezeugte dasz ein anderer deutscher Bauer, der weniger für die Holländer getan hatte, sein Land dennoch zurückbekommen hätte. Einen Tag später kam die Nachricht dasz auch wir das Land zurückbekamen.
Weil inzwischen mehr als ein Jahr verlaufen war, war anderen Bauern unser Land schon verkauft worden. Vor dem Verkauf waren wohl bestimmte Verabredungen getroffen. Von allen Bauern, die Grundstücke gekauft hatten, haben wir nur von einem Bauern, der vier Hektar gekauft hatte, dies zurückbekommen. Die übrigen acht Hektar sind wir Iosgeworden. Dafür bekamen wir den Ertrag beim Verkauf: das war damals Hfl. 5000,-. Die obengenannten vier Hektar gehören uns noch immer aber wir haben sie einem deutschen Bauern verpachtet. Er wohnt nämlich in der Nähe. Wir verpachten ein Grundstück lieber einem deutschen als einem holländischen Bauern. Wenn wir es nämlich zurück haben wollen ist das leichter weil das deutsche Recht für einen Verpachter bequemer ist. Die übrigen acht Hektar, ursprünglich unser Besitz, gehören nun Bauern aus Breklenkamp.
Ich glaube, dasz unsere Voreltern Grundstücke in Holland gekauft haben, weil die Grenzen damals weniger bedeuteten. Damit wurde bei Kauf und Verkauf kaum gerechnet. ln späteren Jahren sind die Grenzen in Traktaten besser festgelegt worden. Vor dem zweiten Weltkrieg konnten wir die Äcker an der holländischen Seite der Grenze immer problemlos bearbeiten.
ln der Nähe von Hardenberg wohnte in Deutschland ein Bauer, ein Verwandter von uns. Er hatte dreiszig Hektar Land in den Niederlanden. Nach dem Krieg ist das Land von der holländischen Behörde beschlagnahmt worden. Dieser Bauer konnte beweisen, dasz er am 10. Mai 1940, als die deutsche Armee Holland angriff, den Wehrmachtsangehörigen gesagt hatte, dasz sie nicht auf holländischen Soldaten schieszen sollten. Er hatte nämlich von den holländischen Soldaten, die an der Grenze lagen gehört, dasz sie auch nicht auf Deutsche schieszen würden. Weil Zeugen dies bestätigen konnten bekam der Bauer alles, was beschlagnahmt worden war, wieder zurück.
Da in der Nähe wohnte auch ein Bauer, der im Ietzten Weltkrieg als Soldat in deutschem Heeresdienst gewesen ist. Er hatte auch Grundstücke in Holland, die nach dem Krieg als Feindvermögen beschlagnahmt worden sind. Als er versuchte diese zurückzubekommen und alles kontrolliert worden war, stellte es sich heraus, dasz er Holländer war und er bekam alles zurück. Dieser Mann war also ohne Grund in deutschem Heeresdienst gewesen. Die meisten deutschen Bauern, die Grundstücke in Holland hatten, die beschlagnahmt worden sind, haben dafür nie Wiedergutmachung bekommen, auch nicht von der deutschen Behörde. Viele haben Einspruch erhoben aber das wurde in den meisten Fällen abgelehnt. Einige Bauern haben noch Glück gehabt; sie konnten es selber zurückkaufen. Damals haben die Regierungen von Holland und Deutschland einen Vertrag geschlossen worin steht dasz die Deutschen Bauern ihr Land wieder kaufen konnten wenn es noch nicht den Holländern verkauft worden war und es noch von der holländischen Behörde verwalltet wurde. Viele deutsche Bauern haben dann ihre Grundstücke zurückbekommen nachdem sie dafür bezahlt hatten. Sie brauchten nicht viel zu bezahlen aber nur die ldee dasz man für seinen früheren Besitz bezahlen muszte!!!
Schmuggeln…
Wir wagten es eigentlich nicht leicht zu schmuggeln. Unsere Voreltern wagten es wohl. ln der Nähe von Tubbergen und Getelo hat man oft geschmuggelt. Mehr als in dieser Gegend. Hier wohnte früher ein Mann, der mit seinem Vater sehr oft schmuggelte. Sie schmuggelten Viehfutter aber auch Kaffee und Roggen. Der Mann war Holländer und die Grenze lief durch seine Wohnung. Später hat man den Grenzstein ein wenig aufgeschoben und er steht nun hinter seiner Wohnung. Der Mann wohnte in Holland aber sein Vieh graste in Deutschland. Die Milch wurde in Holland abgelieferl. Dieser Bauer durfte auch in der Zone wohnen bleiben weil er Holländer war. Er hat da gute Geschäfte gemacht. Eines Tages wollten zwei Männer aus Halle einige Ballen Tabak über die Grenze schmuggeln. Das war in der Nähe von dem "Hooidijk" bei Vasse.
Die Zollbeamten hatten gesehen, dasz die beiden Männer über die Grenze gingen um den Tabak zu holen. Sie taten, alsob sie die Männer nicht sahen und warteten ruhig bis sie zurückkamen. Nach einiger Zeit geschah das auch und als die Schmuggler mit dem Tabak in Deutschland waren riefen sie: “Halt, Zollbeamte”. Die Schmuggler lieszen die Ballen Tabak fallen und verschwanden; durch Wald und Feld setzten die Zollbeamten ihnen nach. Dabei wurde auch noch geschoszen. Die Flüchtlinge haben sich in Stacheldraht und Gesträuch verwirrt und wurden festgenommen. Sie wurden zum Zollamt gebracht und da wurde ein Protokoll aufgenommen. Da stellte sich heraus dasz einer der Männer fast getroffen war; die Zollbeamten hatten durch seine Mütze geschoszen.
Dit verhaal is met toestemming van de Stichting Heemkunde Denekamp overgenomen uit ‘Kuieren langs de grens’, uitgegeven in 1992.